Volontariat

MAZ-Volontärin Judith von Plato gewinnt den Theodor-Wolff-Preis 2022

„Die Gittertür des Wagens ist geöffnet, aber Gustav kommt nicht heraus. Aus dem Transporter hinaus führt nur ein Weg: Durch den grünen Raum hindurch in den Schlachtraum.“

Die Reportage „Gustavs letzter Gang“ wurde mit dem renommierten Theodor-Wolff-Preis des Bundesverbandes Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) ausgezeichnet. Autorin ist Judith von Plato, Volontärin bei der Märkischen Allgemeinen Zeitung (MAZ). In ihrem Beitrag erzählt sie unverblümt und ohne jede Idealisierung den Weg eines Ochsen zur Schlachtbank. Damit gewinnt sie die Auszeichnung in der Kategorie „Bestes lokales Stück“. Die MADSACK Unternehmenskommunikation hat mit Judith gesprochen …

Judith, erstmal herzlichen Glückwunsch zur Auszeichnung! Was war dein erster Gedanke, als du gehört hast, dass du den Theodor-Wolff-Preis gewonnen hast?

Dankeschön! Ich war, ehrlich gesagt, total geschockt und habe erstmal zu Angela Boll geguckt, die in derselben Kategorie nominiert war und neben mir saß. Wir hatten uns an dem Abend kennengelernt und waren uns gleich sympathisch. Ihr Artikel hat mich sehr beeindruckt, deswegen konnte ich überhaupt nicht glauben, dass auf der Bühne mein Name genannt wurde. Erst, als Angela Boll mich umarmte und ich merkte, wie ehrlich sie sich für mich freute, sickerte die Freude langsam auch zu mir durch.

Deine Reportage spielt im Landkreis Potsdam-Mittelmark, wie kam die Idee zur Geschichte?

Die Idee entstand spontan. Eigentlich war ich mit Gustavs Besitzer, Marco Hintze, verabredet zu einem Gespräch über ihn und die Politik, das wir auf dem Weg zum Schlachthof und auf dem Schlachthof führen wollten. Die Schlachtung war für Hintze Routine, mich zogen sie und der Bulle in ihren Bann: Gustav, der morgens noch seelenruhig im Stall auf seinem Fressen herumkaute, während Hintze die Tupperdosen für dessen Überreste in den Transporter räumte. Mir war sofort klar, dass ich nicht nur ein Porträt über den Landwirt schreiben würde. Deswegen begleitete ich Hintze bis in den Schlachtraum und sprach dort mit allen Involvierten.

Wie war es für dich, bei Gustavs Schlachtung dabei zu sein und darüber zu schreiben?

Das war krass. Ich war einerseits einfach nur interessiert und fand es unglaublich spannend, was mir alle Beteiligten zu erzählen hatten. Andererseits ist eine Schlachtung, so gut und tiergerecht sie auch ausgeführt wird, ein brutaler Akt. Der Tierarzt erklärte mir, dass die Anspannung extrem hoch sei. Egal wie viele Tiere man in seinem Leben schon geschlachtet habe. Als ob sich die Nervosität des Tieres auf die Menschen übertrage. Ich wollte den dort Arbeitenden einerseits mit Respekt begegnen, weder persönliche Grenzen überschreiten noch ihre Konzentration stören. Andererseits wollte ich so viel wie möglich herausfinden, Fragen stellen – auch heikle. Und fotografieren. Dabei versuchte ich mich nicht ablenken zu lassen. Nicht von Gustavs verzweifelten Fluchtversuchen. Und auch nicht von den Blutlachen, um die ich im Schlachtraum herumbalancierte. Beim Aufschreiben war für mich die größte Herausforderung, zu beschreiben, ohne zu werten oder zu moralisieren. Ich wollte die Brutalität festhalten und gleichzeitig zeigen, wie in der Absurdität einiger Details mitunter sogar ein Hauch von Komik liegen kann.

Gibt es etwas, was du für dich persönlich aus deinem Beitrag oder auch aus der Auszeichnung mitnimmst?

Das Wissen, was hinter einer Bratwurst steckt. Und natürlich, dass man sich immer einfach bewerben sollte. Ich war aus reinem Zufall auf die Ausschreibung gestoßen und dachte mir: Schaden tut es nicht. Das Schlimmste, das passieren kann, ist keine Rückmeldung.

Eine letzte Frage: Wie läuft denn so eine Einreichung ab? Wann wusstest du, dass du vielleicht einen Preis für „Gustavs letzter Gang“ erhalten wirst?

Ende Januar war die Deadline, um Texte einzureichen. Im April bekam ich dann einen Anruf, dass ich mit zwei weiteren Autorinnen für das beste lokale Stück nominiert worden sei. Im Mai kam ein Filmteam, das einen Trailer über das Stück drehte. Mir war vorher gar nicht bewusst, was alles mit der Nominierung einhergeht. Ich hätte auch gedacht, wenn ich vorher keinen Anruf bekomme, bin ich‘s nicht. Dass ich gewonnen habe, erfuhr ich tatsächlich erst am Abend der Preisverleihung, als die Jury meinen Namen verkündete.

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